Nanoversum: (4) Magnetismus. Ferro > Superpara

Das Nanoversum … unendliche Weiten …

Beim letzten Mal kamen einige Fragen zum Magnetismus, weshalb ich den Fokus heute stärker auf Grundlagen und Verständnis legen werde als auf Nanoeffekte. Dadurch wird der Beitrag zwangsläufig auch etwas länger.

Das Thema Magnetismus ist recht aktuell, wie Florians Beitrag: „Wie funktioniert ein Magnet?“ vor einiger Zeit zeigt.

Das bereits von Florian gepostete Video (eine Kooperation zwischen Minutephysics und Veritasium) geht sehr schön auf die Ursache des Ferromagnetismus ein und erklärt Schritt für Schritt den Weg vom magnetischen Moment eines Atoms bis hin zu den magnetischen Domänen. Dabei lässt es aber alles andere weg – und das ist auch gut so!
Das Thema Magnetismus lässt sich nicht einfach in einem 5 oder 10 Minuten Video erfassen. Diamagnetismus, Paramagnetismus, Anti… Super… es würde einfach den Rahmen sprengen. Und selbst dieses sehr sehenswerte Video, das sich bereits auf einen kleinen Teilaspekt beschränkt, lässt noch einmal sehr viel weg.
Daran sieht man, wie hoch komplex Magnetismus ist. In diesem Sinne werde ich mir auch nur einen Punkt herausgreifen, um ihn auf die Nanomaterialien auszubreiten: magnetische Domänen.
Spult das Video bis zur Stelle 4min21s vor und ihr landet bei der Stelle mit den Schwertern und Rüstungen…

Schlüsseln wir auf, was wir in dem Teil sehen:

  • Eine Domäne – oder auch Weiss-Bezirk – beschreibt einen Bereich innerhalb des Materials,
    in dem die Feldlinien gleich ausgerichtet sind.
  • Es ist für das Material energetisch günstig, dass alle Domänen unterschiedlich
    ausgerichtet sind und sich so das Feld nach außen aufhebt.
  • Die Domänen sind begrenzt: Bloch-Wände
  • Werden die Domänen in die gleiche Richtung ausgerichtet,
    so wird das Material nach außen magnetisch.

Was wir nicht sehen:

  • Feldlinien sind stetig und knicken nicht ab.
  • Die Bloch-Wände, die die Domänen begrenzen, sind keine scharfen Kanten,
    sondern Übergangsbereiche endlicher Größe.
  • Eine Domäne kann nicht einfach umklappen, wie es im Video den Anschein hat.
    Der Effekt ist etwas komplizierter, wie ich nun demonstrieren möchte.

Formation

legionaireUm die Magnetisierung zu veranschaulichen, bleibe ich beim Bild einer römischen Legion: Viele viele Männer nebeneinander und ganz viele hintereinander.
Jeder einzelne Legionär orientiert sich an den umgebenden Legionären und es wird nur eine winzige Abweichung zugelassen.
Links sehen wir einen unserer Legionäre (so gut es meine Kunstfertigkeit eben zulässt ;-)), in einer Hand trägt er sein Gladius, das sein magnetisches Moment darstellt. Hier drunter ist ein Screenshot aus dem Video, in das ich die Legionäre in Formation eingefügt habe (wir sehen die Kameraden nun von oben):

Ferromagnetismus: Feldlinien

Mitte: Hier sehen wir mehrere Domänen, die sich dadurch auszeichnen, dass jede anders ausgerichtet ist. Ich habe in zwei der Domänen jeweils einen Pfeil mit der magnetischen Ausrichtung eingetragen (nicht orientiert am Video).

Links: Innerhalb einer Domäne sind alle magnetischen Momente parallel ausgerichtet.

Rechts: Wenn zwei Domänen aufeinander treffen, haben wir ein Problem:
Ein Legionär darf nicht aus der Reihe tanzen und muss parallel zu seinen Kameraden stehen, damit die Feldlinien nicht abknicken. Er darf aber ein ganz kleines bisschen abweichen. Und genau hier liegt der Trick: Wenn wir eine winzige Toleranz zulassen, kann jeder Legionär sein Gladius ein winziges Stück drehen und nach einigen 100 Legionären sind sie dann passend zur neuen Domäne ausgerichtet, ohne die Ordnung gestört zu haben.
In dem Bild habe ich jede neue Reihe um drei Grad eingedreht, damit die Darstellung der Ausrichtung auf die Seite passt.

Formationsänderung

Wird von außen ein magnetisches Feld angelegt, wandern die Bloch-Wände durch das Material (jede angrenzende Reihe zur Bloch-Wand erhält einen Schubs, wodurch sich der ganze Bereich scheinbar bewegt).
Domänen, die günstig zur Magnetisierung ausgerichtet, werden größer. Domänen, die ungünstig ausgerichtet sind, werden entsprechend kleiner. Wird das äußere Magnetfeld verändert, so wandern die Bloch-Wände wieder entsprechend.

Interessant ist aber, dass Bloch-Wände an Gitterfehlern und Störstellen im Material hängen bleiben (wie ein Gummiband, das über einen rauen Untergrund gezogen wird). Das führt dazu, dass, wenn das äußere Magnetfeld ausgeschaltet wird, einige Domänen vergrößert zurückbleiben können. Das heißt, dass sich nun die Domänen nicht mehr nach außen negieren und das das Material magnetisiert bleibt (kennt einer magnetisierten Gabeln in der Kantine?)
An dieser Stelle muss ich wieder zum nächsten Punkt, denn Hysterese wäre wieder ein eigenes Thema 😉

Nanodomänen

Wir sehen, dass der Magnetismus eines Ferromagneten von seinen Domänen beschrieben und beherrscht wird. Die Bloch-Wände dazwischen bilden Randbereiche. Das Wandern und Hängenbleiben der Blochwände entscheidet zwar darüber, wie die Hysterese des Materials aussieht, aber es sind trotzdem immer die Feldlinien der Domänen, die wir sehen.

Wie im letzten Beitrag beschrieben, bildet der Übergang von Bulk- zu Oberflächeneffekten den Weg zu Nanoeffekten.
Ich erwähnte weiter oben, dass wir einige 100 Legionäre Atome in einer Bloch-Wand haben. Zufälligerweise(?) ist das genau wieder der Größenbereich, in dem wir von Nano sprechen. Das heißt also, dass, wenn wir ferromagnetische Materialien so klein machen, dass sie in den Größenbereich ihrer Bloch-Wände kommen, sich ihre magnetischen Eigenschaften verändern.
Es gibt tausende Abhandlungen zum Thema Nano-Magnete, die das bescheiben, und ich werde in Zukunft einige spannende vostellen.
Das entscheidende an dieser Stelle ist, dass dieser Nano-Magnet nur noch aus einer einzigen Domäne besteht und dadurch, das er kleiner als eine Blochwand ist, direkt und ohne Hysterese auf Magnetfelder reagieren kann. Es ist nun ein Superparamagnet. Ein prominentes Beispiel ist Ferrofluid.

Anwedungen?

Es gibt in der Forschung viele Ansätze, wie man eingebettete magnetische Nanopartikel nutzen kann. Meist sind es Sensoren, die benutzt werden sollen, um sehr kleine Felder zu messen. Bei einem anderen Mal werde ich genauer hierauf eingehen.

 

Am Ende läuft es wieder auf das gleiche Spiel hinaus: Wenn der Rand überwiegt, ändern sich Eigenschaften und Effekte. Wurden eure Fragen vom letzten Mal getroffen, oder kam etwas zu kurz? Ich freue mich auf eure Kommentare.

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